Mein Kater, ein begeisterter Mäusejäger, peilte eine Maus an, die sich schon eine Zeitlang vor ihm immer mal wieder in Sicherheit bringen konnte. Dann geschah folgendes:
Sie stehen sich gegenüber, die kleine Maus und der große Kater. Stellt Euch vor, ihr schaut in ein riesiges Paar grüne Augen und auf die Hauer eines fellinen Monsters vor Euch. Ihr bekommt Angst, Ihr geratet in Stress. Die Reaktionen, die zur Verfügung stehen sind Kampf, Flucht, Totstellen. Die Mäuse machen nach meinen Beobachtungen meistens von Flucht oder Totstellen Gebrauch. Flüchten reizt allerdings den Jäger eher zur intensivieren Verfolgung und Totstellen ist nur erfolgreich, wenn der felline Feind schlichtweg keine Lust mehr auf spielen hat.
Aber zurück zur Situation. Ich war doch mehr als erstaunt und erfreut, verbunden mit einem Solidaritätsgefühl für die Maus, als diese sich zu Ihrer vollen Größe aufrichtete, so ca. 8 cm und dem Kater lauthals zu verstehen gab, dass sie nicht als Mahlzeit zur Verfügung steht. Der Kater war verwirrt und stutzte – eine derartige Reaktion passt halt nicht in das übliche Jäger/Beute Verhalten. Die Maus war erfolgreich mit dieser Vorgehensweise und nutzte die Gunst der Sekunde und verschwand. Jäger machtlos, Beute weg.
Ich hoffe, dass die Maus dieses Verhalten, genetisch codiert, an ihre Nachkommen weitergibt und somit ihrer Spezies eine neue Verhaltensvariation zur Verfügung stellt.
Was bedeutet das nun für uns, wenn selbst eine Maus neue, erfolgreiche Verhaltensweisen entwickeln und anwenden kann?
Wenn wir Angst haben, bewusst oder unbewusst und/oder in Stress geraten, handeln wir fast immer gleich. Die Angst ist vielfältiger Natur und ich spreche nicht von der notwendigen Angst, die uns davon abhält, fröhlich pfeifend die A1 zu überqueren oder den freien Fall vom Eiffelturm zu üben.
Ich meine die Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren und dann bis zum Umfallen zu arbeiten um das zu vermeiden. Ich meine die Angst, dem Partner/der Partnerin nicht zu genügen oder es immer allen recht machen müssen, nur damit ich geliebt werde. Die Liste lässt sich beliebig verlängern. Mal ganz abgesehen von der Angst, die geschürt wird durch die Dinge, die in der Welt geschehen.
Wollen wir sein wie eine Maus, die vor Angst erstarrt – unfähig zu handeln? Wollen wir uns totstellen, in der Hoffnung, dass das irgendwie ja alles wieder vorbei geht oder weil das halt so ist? Wollen wir die Angst weiterhin ertragen, oder wollen wir sagen, wie die Maus es tat: Mit mir nicht mehr!
Ist die Maus jetzt intelligent? Ja, ich finde schon. Wenn ich voraussetze, dass auch wir intelligente Wesen sind, ist doch die logische Schlussfolgerung daraus, dass auch wir eine Möglichkeit finden können, unser Verhalten in Stresssituationen, bzw. hinsichtlich unserer Ängste zu verändern.
Eine Voraussetzung ist: die Bewusstmachung, dass ich Ängste habe und wie ich reagiere. Denn, was mir bewusst ist, kann ich ändern.
Ein Beispiel: Wenn ich die (unbewusste) Angst habe, meine Bedürfnisse mitzuteilen, weil ich in meiner Kindheit gelernt habe, dass das nicht o.k. ist, oder sogar bestraft oder abgewertet worden bin, werde ich als Erwachsene so handeln, dass ich meine Bedürfnisse verleugne, mich ständig anderen anpasse und unterordne, nur, damit ich geliebt werde und o.k. bin. Vermeintlich! Weil der Glaubenssatz: “Ich bin nicht wichtig“ in diesem Fall mein Verhalten steuert. Dieses Verhalten ist mir so geläufig, dass es mir als „normal“ vorkommt und ich glaube, dass ich eben so bin.
Erst wenn Probleme daraus entstehen, sei es, dass es mir auffällt, dass ich irgendwie zu kurz komme, das mir etwas fehlt oder das ich mich einfach nicht glückliche fühle, blubbert es an die Oberfläche, dass ich etwas ändern darf. Das Problem ist, dass ich mich mit mir selber beschäftigen muss und das heißt wieder: Angst. Denn wer weiß, was ich da finde…? Das hält viele davon ab, sich professionellen Rat zu holen. Und schwupp, zurück in die Komfortzone, denn es tut ja nicht weh, so körperlich – noch nicht. Irgendwie komme ich schon zurecht. Und Veränderung macht ja wieder Angst, weil da weiß ich ja auch nicht, was kommt.
So beeinflusst die Angst unser Leben, und ständig halten uns irgendwelche Angstmacher in Schach. Das Gegenteil von Angst ist MUT. Und wir alle sind mutig, wir haben es nur scheinbar vergessen. Lernen wir doch einfach mal von einer Maus.
Sie hat es GEMACHT, sie war mutig: sie hat sich Ihrer Angst gestellt, dem Angstmacher Paroli geboten und war letztendlich: FREI